Streifende Sternbedeckung
von Zeta Tauri (2,9mag)
am 25.04.2012
ab 20:45:50 UT
in Schöngeising,
N 48:08:48.68,
E 11:11:29.92,
Höhe 614m
Die beste streifende Sternbedeckung im Jahre 2012
war für den 25.4. vorhergesagt. Der 2,9 mag Stern Zeta Tauri
sollte unweit von München vom Mond berührt werden.
Daten zum Graze lt. Occult4
Zum Graze stand der Mond etwa 15 Grad über dem Horizont
Ein Stern mit 2,9 mag, bei schmaler Sichel und auf der dunklen Mondseite,... besser kann die
Geometrie kaum sein. Klar, dass man sich so ein Ereignis direkt
vor der eigenen Haustür nicht entgehen lassen darf!
Grazeline und gewählter Standort unweit von München
Leider war die Wetterprognose im Vorfeld nicht sicher. Die Wolkenwahrscheinlichkeit
lag bei etwa 50%. Doch manchmal lohnt es sich auch auf Risiko herauszufahren.
Vor Ort war der Himmel dann zu 90% klar. Gelegentliche schwache
Cirren störten nur unwesentlich.
Wetter zum Grazezeitpunkt aus Satellitensicht
Den letzten Graze eines so hellen Sterns habe ich 21.10.2009 beobachtet.
Damals handelte es sich um Antares mit 1,1 mag. Dafür wurde extra eine
Woche Urlaub in der Türkei gebucht. Diesmal sollte es eine
Kurzeobachtung werden.
Bei einem so hellen Stern ist ein Fernglas
für das Auge und ein Fotoobjektiv für die Watec ausreichend.
Dadurch ist lediglich leichtes
Gepäck von nöten.
Die Anfahrt erfolgte per S-Bahn. Das Ziel war der
Bahnhof in Schöngeising, der sich zufällig
an einer idealen Position befand.
GPS-Koordinaten des Beobachtungsstandorts
Die S-Bahn sollte dort um 22:14 Sommerzeit ankommen.
Nur 30 min später sollte schon der Graze beginnen. Nach dem Eintreffen
war also Eile geboten. Beim Aufbau der Watec gab es
einen Schock. Der C-Mount-Adapter war auseinandergebrochen.
Doch der erfahrene Astronom hat immer Klebeband dabei und so wurde
wiedereinmal eine Beobachtung durch Improvisation gerettet.
5 Minuten vor dem Graze war die Kamera einsatzbereit und konnte gestartet werden.
Die Zeit reichte grade noch um den mitgebrachten 20x60 Feldstecher auf ein
Fotostativ zu montieren.
Aufgebautes Equipment
Der Stern war im Fernglas bestens zu sehen. Auch das
sekundäre Licht war bei 15 Grad Horizontabstand gut zu erkennen.
Der Graze begann um 22:45:53 MESZ mit einem zweifachen Aufblitzen dann war der Stern für 16
Sekunden verschwunden. Beim Austritt gab es wieder kurz hintereinader ein zweifaches
blitzen. Dann war der Stern für 41s Sekunden sichtbar
und ich dachte schon alles wäre vorbei. Überraschend verschwand der
er dann nocheinmal für 4 Sekunden. Beim Austritt gab noch einmal ein letztes Blinzeln
und dann war der Graze beendet. Insgesamt wurde ein 6-faches Verschwinden beobachtet.
Zeitweise meinte ich den Stern bei reduzierter Helligkeit zu sehen.
Es soll sich um einen sehr engen Doppelstern handeln.
Folgende Kontakte wurden per Tonband gemessen:
22:45:52 weg Dauer 1s 1 Kontakt
22:45:53 da_ Dauer 1s
22:45:54 weg Dauer 16s 2 Kontakt
22:46:10 da_ Dauer 1s
22:46:11 weg Dauer 1s 3. Kontakt
22:46:18 da_ Dauer 2s flackern
22:46:20 weg Dauer 2s 4.Kontakt
22:46:22 da_ Dauer 41s
22:47:03 weg Dauer 4s 5.Kontakt
22:47:07 da_ Dauer 2s
22:47:09 weg Dauer 1s 6.Kontakt
22:47:10 da_ -----
Die Auswertung
des Videos war nicht ganz unproblematisch. Technische Probleme
verhinderten die Erfassung eines korrekten Zeitsignals, so dass nur
eine relative Zeitmessung möglich ist.
Das Video gibt es auch unter
http://youtu.be/HAlE4M0w8jw
Interessant sind
die Übergänge der Kontakte. Zeta Tauri soll ein enger Doppelstern sein
mit einem Abstand von 0,007 Bogensekunden. Dies entspricht am Mondrand einem
Höhenunterschied von nur 20m. Bein Ein- und Austritt gibt es normalerweise ein Bild mit
reduzierter Helligkeit. Wenn es mehr als ein Übergangsbild gibt, dann könnte
entweder die Fläche des Sterns oder die Existenz eines Doppelstern eine Rolle spielen.
Auffallend ist, dass die Eintritte doppelt so lang dauern wie die Austritte.
Sehr gut zu sehen ist die beim letzten Kontakt!
Der letzte Kontakt 10-fach verlangsamt. Die
schwächere Komponente des Doppelsterns ist hier zeitweise allein zu sehen.
Die Übergänge beim Eintritt dauern doppelt so lange wie die Austritt, wodurch
grob auf den Positionswinkel
geschlossen werden kann.
Eine Auswertung wurde von B. Brinkmann per Limovie vorgenommen. Zum Vergleich
diente ein abgesetzter Mondberg.
Deutlich ist
zu erkennen, dass der Übergang auf mehrere Frames
verteilt ist.
Interessant ist der Vergleich der eigenen Daten mit den Daten
der Raumsonde Kakuya, die in die Mondrandprognose von Occult integriert sind:
Mondrandprognose von Occult4 auf Basis der Daten von Kaguya
Mein eigener Standort befand sich 1,35km südlich des mittleren Mondniveaus.
Aus den gemessenen Verfinsterungen wurde ein Zeitstrahl erstellt....
...und in die Kaguya-Daten gefittet.
Die durch den Graze erzielte Ortsauflösung ist besser als die in den Daten von Kakuya.
So ließ sich ein kleines Mondtal nachweisen, das in den Daten von Occult4 nicht vorhanden ist.
Gemessen am Mondschatten hat das Tal ein Tiefe von mind. 150m.
Es ist jedoch zu bedenken, dass der Mond schon sehr tief
am Horizont stand und
der Mondschatten schräg auf die Erdoberfläche gefallen ist.
Perspektivisch korrigiert dürfte das Tal flacher sein.
Da sich der Mond in einer Zeitsekunde etwa 0,5 Bogensekunden
relativ zum Sternenhimmel bewegt, gab es während des 0,56s dauernden Aufblitzen des Sterns
eine Bewegung von etwa einer Viertel Bogensekunde.
0,025 Bogensekunden entsprechen im Mondabstand etwa 0,5km.
Auf der Grazline muss das Tal also etwa 0,5km breit gewesen sein.
8 Monate später wurde zufällig entdeckt, dass es mit dem Programm ´Occult´ auch möglich ist
Kaguya-Daten mit höherer Auflösung herunterzuladen.
So ergab sich die Möglichkeit die eigenen daten nochmal zu überprüfen.
Wie schon vermutet, ist dass Tal real vorhanden und wurde in den Low-Res-Daten
der japanischen Sonde lediglich herausgemittelt.